Nike Leonhard finished reading Tricontium by Maike Claußnitzer
Tricontium bildet den Auftakt einer Fantasy-Reihe deren Setting sich an das europäische Frühmittelalter anlehnt. Es gibt Drachen (sehr kleine), Zauberer und Geister, außerdem Papier, die weitgehende Gleichberechtigung der Geschlechter und dauernd trinkt irgendjemand Tee. Gleichzeitig sind die Spuren der Römer noch allenthalben erhalten. Es gibt einen König, aber der ist weit weg. Das Land wird von Fürsten und Vögten verwaltet. Reiternomaden und Zwistigkeiten bedrohen den brüchigen Frieden. In dieser Situation wird Richterin Herrad auf einen neuen Posten entsandt, um dort Recht zu sprechen und für Ordnung zu sorgen. Das gefällt nicht jedem und die Verschleppung des Hauptmanns ihrer Wache erschwert das Ganze zusätzlich. Das Buch hat mich von Beginn an durch seinen angenehmen Stil eingenommen. Maike Clausnitzer erzählt lebendig, bildhaft und eingängig. Die Geschichte beginnt mit eben jenem verschleppten Hauptmann, fächert sich dann in andere Handlungsstränge und neue Perspektiven auf, bis die Anmutung eines Bildteppichs entsteht, in dem die Erzählungen der Reiternomaden ebenso ihren Platz finden wie die Geschichte des Orts, der Protagonisten und etlicher anderer. Mich hat besonders gefreut, dass hier einmal nicht das Gegeneinander von Gut und Böse im Mittelpunkt steht, sondern das Mit- und Nebeneinander verschiedener Menschen(gruppen) und ihrer Interessen. Das fand ich schon immer wesentlich spannender als epische Schlachten. Tricontium hat in dieser Hinsicht wirklich viel zu bieten, zumal die einzelnen Gruppen auch nicht - wie sonst oft in der Fantastik - sauber von einander getrennt existieren, sondern in der Vergangenheit wie in der Gegenwart der Erzählung durch vielfältige Beziehungen verbunden sind. Der zweite Pluspunkt ist, dass Claußnitzer Gewalt nicht als Stilmittel einsetzt, sondern auf einige wenige Szenen und das absolut Notwendige beschränkt. Der dritte Punkt, den ich herausheben möchte, ist der Humor. Humorvolle Fantasy ist selten, vielleicht, weil es viel einfacher ist, derb, rau und finster zu schreiben. Humor zu dagegen, ist unglaublich schwer. Maike Claußnitzer scheint es mühelos zu gelingen. Bei ihr kommt er so leicht, unaufdringlich und selbstverständlich daher, dass er zwischen den Zeilen zu schweben scheint. Auch das macht dieses Buch zu einem großen Genuss.